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Kloakenvorfall beim Huhn – Was tun?

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eigenes Bild / KI

Du kommst morgens in den Stall und etwas stimmt nicht. Eines Deiner Hühner hockt still in der Ecke, und als Du genauer hinschaust, erschrickst Du: Aus dem Hinterteil hängt ein rotes, feuchtes Gewebe heraus. Du fragst Dich: Was ist das? Ist das ein Ei? Warum hängt da etwas aus der Kloake? Ist das gefährlich? Und vor allem: Was kann ich jetzt tun?

Ein Kloakenvorfall – medizinisch Kloakenprolaps genannt – ist für viele Hühnerhalterinnen und Hühnerhalter zunächst ein Schock. Der Anblick ist ungewohnt und wirkt beunruhigend, oft dramatischer, als er tatsächlich ist. Trotzdem darfst Du das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das heraustretende Gewebe ist empfindlich, kann austrocknen, sich entzünden oder von anderen Hühnern blutig gepickt werden. Unbehandelt kann ein solcher Vorfall sogar lebensbedrohlich werden.

Die gute Nachricht ist: Mit schneller Reaktion und der richtigen Pflege kannst Du Deinem Huhn in vielen Fällen gut helfen. Entscheidend ist, dass Du erkennst, was passiert ist, warum es passiert ist – und dass Du ruhig und überlegt handelst.

In den nächsten Abschnitten erfährst Du alles, was Du wissen musst: was genau hinter einem Kloakenvorfall steckt, welche Ursachen infrage kommen, woran Du die Symptome erkennst und wie Du Dein Huhn am besten versorgst. Auch zur Vorbeugung findest Du praktische Tipps, damit so etwas möglichst nicht wieder passiert.

Warum kommt es zu einem Kloakenvorfall beim Huhn?

Ein Kloakenvorfall (Prolaps) entsteht, wenn sich die Schleimhaut der Kloake oder sogar ein Teil des Darms nach außen stülpt – meist durch starkes Pressen oder eine geschwächte Muskulatur. Die Ursachen können vielfältig sein und hängen oft mit Haltung, Ernährung, Gesundheitszustand und Lebensphase des Huhns zusammen. Meist kommen mehrere Faktoren zusammen, die das empfindliche Gleichgewicht im Körper des Huhns stören. Wenn Du die möglichen Auslöser kennst, kannst Du nicht nur besser reagieren, sondern auch gezielt vorbeugen.

Legenot und übergroße Eier

Ein häufiger Auslöser ist Legenot, also die Unfähigkeit des Huhns, ein Ei normal abzulegen. Besonders große, deformierte oder verhärtete Eier können beim Pressen den inneren Druck auf die Kloake so stark erhöhen, dass sie nach außen gedrückt wird. Junge Hennen in der ersten Legephase sind davon oft besonders betroffen, weil ihr Körper noch nicht vollständig ausgereift ist.

Kalziummangel

Fehlt es dem Huhn an Kalzium, wird die Muskulatur geschwächt – auch die, die beim Legen und beim Schließen der Kloake eine wichtige Rolle spielt. Kalzium ist nicht nur für die Eierschale wichtig, sondern auch für die reibungslose Funktion der Muskeln. Ein Mangel führt dazu, dass das Huhn länger pressen muss, was das Risiko für einen Vorfall deutlich erhöht.

Übergewicht und Bewegungsmangel

Hühner, die zu viel energiereiches Futter erhalten oder sich zu wenig bewegen, neigen zu Übergewicht. Fettablagerungen im Bauch- und Kloakenbereich können die Beweglichkeit und Funktion der inneren Organe einschränken. Zusätzlich wird die Muskulatur durch mangelnde Bewegung geschwächt – eine ungünstige Kombination, die das Risiko für einen Prolaps erhöht.

Zu frühe Legereife

Manche Hennen beginnen durch künstliche Beleuchtung oder zu eiweißreiche Fütterung zu früh mit dem Eierlegen. Ist der Körper zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig entwickelt, ist die Belastung auf den Legetrakt besonders hoch. Das kann zu Überforderung und daraus resultierendem Kloakenvorfall führen – vor allem, wenn gleich in der ersten Phase große Eier gelegt werden.

Alter des Huhns

Sowohl sehr junge als auch ältere Hennen sind anfälliger für einen Kloakenvorfall. Bei jungen Hühnern fehlt es häufig noch an Muskelkraft und Körperkontrolle, während bei älteren Tieren die Gewebeelastizität und die Muskelspannung im Laufe der Zeit nachlassen. In beiden Fällen ist die Kloake weniger stabil, was einen Vorfall begünstigt.

Parasiten und Hautreizungen

Ein oft übersehener, aber wichtiger Faktor sind äußere Parasiten wie Rote Vogelmilben, Federlinge oder Flöhe. Diese Plagegeister verursachen starken Juckreiz, stören die Nachtruhe und rauben dem Huhn Energie. Die Tiere sind dauernd in Alarmbereitschaft, kratzen sich und schlafen schlecht. Dieser chronische Stress wirkt sich negativ auf das Immunsystem und den gesamten Kreislauf aus. Zudem picken sich Hühner durch den Juckreiz häufiger selbst im Kloakenbereich, was das Gewebe zusätzlich reizt und schwächt.

Stress durch Haltungsbedingungen

Auch die Umgebung spielt eine große Rolle. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten zum Legen, ständiger Lärm, Platzmangel oder aggressive Artgenossen können zu dauerhaftem Stress führen. Hühner, die sich nicht sicher fühlen, pressen beim Legen stärker oder halten die Eier länger zurück – beides belastet die Kloake. Auch ständiges Picken innerhalb der Gruppe – etwa bei einer unausgeglichenen Hackordnung – führt oft zu Reizungen im hinteren Körperbereich.

Verdauungsprobleme und anhaltendes Pressen

Hühner, die an Durchfall, Verstopfung oder Wurmbefall leiden, pressen häufig beim Kotabsatz. Wenn das über längere Zeit geschieht, kann das Gewebe im Kloakenbereich geschwächt und nach außen gedrückt werden. Besonders bei geschwächten oder älteren Hühnern ist die Gefahr groß, dass sich die Kloake dann nicht mehr von selbst zurückzieht.

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Vergleichsbild: Links – Normale Kloake / Rechts – Kloakenvorfall – KI-Bild

Was kann ich tun, wenn mein Huhn einen Kloakenvorfall hat?

Ein Kloakenvorfall ist immer ein Notfall, selbst wenn er zunächst harmlos erscheint. Je schneller Du eingreifst, desto besser stehen die Chancen für eine vollständige Heilung. Wichtig ist, dass Du das betroffene Huhn schnell sicherst, ruhig bleibst und systematisch vorgehst.

Das Huhn sofort separieren

Trenne das betroffene Huhn umgehend von der restlichen Gruppe. Das rote, hervorgetretene Gewebe zieht instinktiv die Aufmerksamkeit der anderen Hühner auf sich – sie beginnen oft zu picken, was schwere Verletzungen zur Folge haben kann. Setze das Huhn in eine ruhige, warme und abgedunkelte Box mit weicher Einstreu. Eine stressfreie Umgebung unterstützt die Heilung und verhindert weiteren Schaden.

Reinigung und Aufweichen

Bevor Du versuchst, die Kloake zurückzuschieben, musst Du den gesamten Bereich sorgfältig und schonend reinigen. Häufig ist alles stark verschmiert – mit Kot, Schleim oder Eiresten – und das Gefieder rund um die Kloake ist verklebt. Koche zunächst sauberes Wasser ab, lasse es auf eine angenehme, lauwarme Temperatur abkühlen und verwende es dann zur Reinigung. Das hilft, Keime zu reduzieren und Reizungen zu vermeiden.

Wenn das Huhn ruhig bleibt, kannst Du es vorsichtig in eine kleine Wanne oder Schüssel mit dem lauwarmen Wasser setzen. Das Sitzbad weicht Verkrustungen auf, beruhigt das Gewebe und erleichtert die anschließende Reinigung. Achte darauf, dass das Wasser nicht zu tief steht – die Kloake sollte gut eingetaucht sein, aber das Huhn sicher sitzen können. Bleibe währenddessen dabei und beruhige es mit leiser Stimme.

Falls das Huhn ein Bad nicht toleriert, kannst Du alternativ einen warmen, feuchten Waschlappen verwenden. Tupfe die verschmutzte Region sanft ab, bis sich die Rückstände lösen. Reibe dabei nicht, um die empfindliche Haut nicht zusätzlich zu reizen.

Manchmal sind die Federn so stark verklebt, dass sich der Schmutz nicht mehr lösen lässt. In diesem Fall kannst Du die betroffenen Federpartien vorsichtig mit einer sauberen, scharfen Schere abschneiden – etwa einen Zentimeter oberhalb des Federansatzes. Achte darauf, nicht zu nah an der Haut zu schneiden und das Tier ruhig zu halten. So bleibt die Region sauber und gut zugänglich für die weitere Versorgung.

Nach der Reinigung solltest Du das Huhn vorsichtig mit einem sauberen Handtuch abtupfen. Anschließend kannst Du einen Haartrockner auf der niedrigsten Stufe verwenden, um das Gefieder vollständig zu trocknen – aber bitte nicht direkt auf die Kloake richten. Der Luftstrom sollte nur indirekt und mit etwas Abstand geführt werden. Viele Hühner genießen die sanfte Wärme, wenn sie sich dabei sicher fühlen.

Die Kloake zurückschieben

Wenn die Kloake sauber und unverletzt ist, kannst Du versuchen, sie vorsichtig zurück in den Körper zu schieben. Am besten arbeitet ihr zu Zweit. Einer fixert bzw. hält das Huhn und der Andere führt das Zurückschieben der Kloake durch.

Achte dabei unbedingt auf Hygiene: Trage Einmalhandschuhe, um das empfindliche Gewebe vor Keimen zu schützen – und auch Dich selbst. Am besten nutzt Du etwas Melkfett oder sterile Vaseline, um die Reibung zu verringern und weitere Reizungen zu vermeiden.

  1. Nimm den kleinen Finger – er passt am besten in Größe und Form.
  2. Bestreiche den kleinen Finger mit etwas Melkfett oder Vaseline.
  3. Führe die Kloake langsam etwa einen Zentimeter tief zurück in den Körper. Du wirst dabei etwas Widerstand spüren, aber wenn Du ruhig und mit Gefühl arbeitest, lässt sie sich in vielen Fällen vollständig zurückführen. Wichtig ist, dass Du nicht drückst oder reibst, sondern mit sanftem, gleichmäßigem Druck arbeitest.

Beobachte genau, ob die Kloake nach dem Zurückschieben an Ort und Stelle bleibt. Wenn sie immer wieder hervorrutscht, sich nicht vollständig zurückführen lässt oder stark geschwollen ist, solltest Du den Versuch abbrechen und tierärztliche Hilfe holen. In solchen Fällen kann es notwendig sein, die Kloake mit speziellen medizinischen Maßnahmen zu stabilisieren – etwa mit einer Naht oder unterstützenden Medikamenten.

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Mehr Informationen

Tierärztliche Behandlung bei Komplikationen

Nicht jeder Kloakenvorfall lässt sich allein zu Hause behandeln. Wenn das Gewebe dunkel, trocken, verletzt oder bereits teilweise abgestorben ist, ist eine sofortige tierärztliche Versorgung nötig. Auch bei wiederkehrenden Vorfällen oder wenn das Gewebe nicht dauerhaft drinnen bleibt, muss der Tierarzt helfen. In manchen Fällen sind eine kleine Naht oder Medikamente notwendig, um dem Huhn dauerhaft zu helfen.

Erholung und Nachsorge

Nach der Versorgung braucht das Huhn Ruhe, Wärme und eine saubere Umgebung. Lass es für einige Tage einzeln sitzen, damit es sich erholen kann und nicht erneut Stress oder Pickattacken ausgesetzt ist. Achte auf leicht verdauliches Futter und stelle sicher, dass es genügend Kalzium bekommt – zum Beispiel durch Muschelgrit oder ein Ergänzungspräparat. Beobachte die Kloake regelmäßig und greife frühzeitig ein, falls sich erneut etwas abzeichnet.

Beobachte anschließend genau, ob die Kloake an Ort und Stelle bleibt oder erneut hervorrutscht. In manchen Fällen – vor allem wenn die Ursache nicht zu schwerwiegend ist – kann sich die Kloake auch von selbst wieder zurückziehen, sobald das Huhn zur Ruhe kommt, das Gewebe abschwillt und keine anhaltende Reizung mehr besteht

Was tun, wenn die Kloake wieder herauskommt?

Ein einmaliger Kloakenvorfall kann gut verheilen – doch manchmal rutscht die Kloake nach dem Zurückschieben erneut heraus. Das passiert entweder direkt nach der Behandlung oder wenige Tage später. In solchen Fällen solltest Du nicht weiter selbst herumprobieren, sondern das Huhn zeitnah einem vogelkundigen Tierarzt vorstellen. Wiederholte Vorfälle deuten meist auf eine geschwächte Muskulatur oder eine tieferliegende Ursache hin.

Auch wenn Du den Vorfall zunächst erneut vorsichtig selbst zurückschieben kannst, darf das keine Dauerlösung werden. Ein Huhn, bei dem regelmäßig die Kloake vorfällt, braucht unbedingt eine langfristige Unterstützung – und vor allem müssen die zugrundeliegenden Auslöser konsequent erkannt und abgestellt werden. Solange die Ursache bestehen bleibt, kommt es immer wieder zu Rückfällen. Das ständige Heraus- und Zurückschieben belastet das Gewebe zusätzlich und kann auf Dauer zu irreparablen Schäden führen.

Kloakennaht und Legepause

Der Tierarzt hat verschiedene Optionen, um zu helfen. Ist das Gewebe nur leicht gereizt, kann es erneut zurückgeführt und mit entzündungshemmenden oder abschwellenden Salben behandelt werden. In Fällen mit wiederkehrendem Prolaps ist oft eine sogenannte Kloakennaht sinnvoll. Dabei wird der Kloakenausgang vorsichtig verengt, damit das Gewebe besser gehalten wird. Diese Naht ist temporär und kann nach einigen Tagen oder Wochen wieder entfernt werden, sobald sich die Muskulatur gefestigt hat.

Wenn eine Kloakennaht gesetzt wird, ist es besonders wichtig, dass die Henne keine Eier mehr legt. Der verengte Ausgang kann das Legen stark behindern oder sogar zur Legenot führen – ein ernstes Risiko. Um das zu vermeiden, kann der Tierarzt spezielle Hormonpräparate einsetzen, die das Eierlegen vorübergehend unterdrücken. Eine weitere Möglichkeit sind sogenannte Hormonchips, die dauerhaft oder für einige Monate den Legetrieb stoppen. Diese Maßnahme ist besonders sinnvoll bei jungen Hennen, die sich körperlich gut erholen könnten, aber durch den ständigen Legevorgang immer wieder belastet würden.

Grenzen bei alten Hennen

Bei sehr alten Tieren kann es hingegen schwierig werden. Die Muskulatur ist oft dauerhaft geschwächt, und das Gewebe kehrt immer wieder zurück. In solchen Fällen musst Du abwägen, ob ein Leben ohne ständige Beschwerden noch möglich ist. Der Tierarzt kann Dich hier individuell beraten.

Einschläfern – nicht immer nötig

Manche Tierärzt:innen ziehen in Erwägung, das Huhn einzuschläfern – vor allem, wenn das Gewebe stark geschädigt ist oder bei älteren Tieren, deren Allgemeinzustand schwach ist. Doch das ist nicht in jedem Fall nötig. Besonders junge Hennen haben oft gute Chancen auf vollständige Genesung, wenn die auslösenden Ursachen – wie Kalziummangel, Stress, Parasiten oder Legedruck – konsequent beseitigt werden. Mit Geduld und guter Pflege fangen sich viele dieser Tiere erstaunlich gut wieder.

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